INTERVIEW
Auf einmal fallen die Scheuklappen ab.
Der Gründungscoach Sabine Votteler aus München hat schon viele Führungskräfte und Manager erfolgreich in die Selbstständigkeit geführt. Im Interview berichtet sie über den Drang zur Veränderung, mögliche Hürden bei der Gründung und die notwendigen Voraussetzungen, einen beruflichen Neustart zu wagen.
Was sind in Ihrer Zielgruppe die wichtigsten Motive, um ein Unternehmen zu gründen?
Es geht tatsächlich in den meisten Fällen um die berühmt berüchtigte Sinnsuche. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ab einem gewissen Alter viele Menschen darüber nachdenken, ob sie weiterhin so ein Leben wie bisher führen wollen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass sich die Prioritäten mit zunehmendem Alter verändern. Das „höher, weiter, schneller“, das oft im Unternehmertum und auch in Führungspositionen zu beobachten ist, führt dazu, ständig zu zeigen, was man kann. Diese Kompetenz drückt sich aus in Titeln, Gehalt, Status, Autos und ähnlichem. Doch irgendwann ändert sich diese Einstellung, weil man alles erreicht hat, was man sich vorgestellt hat. Dann stellt sich die Frage: Mache ich das Gleiche weiter oder mehr vom Gleichen oder das Gleiche in einem anderen Umfeld oder macht das alles überhaupt noch Sinn? Vorher lag der Sinn darin, ein gewisses Level zu erreichen. Aber wenn dieses Level erreicht ist, kommt häufig die Frage nach dem Sinn des Lebens. Denn die Lebenszeit wird langsam knapper.
Haben die meisten schon konkrete Geschäftsideen?
Viele aus dieser Zielgruppe wollen in den Bereich Beratung gehen, und zwar genau in dem Geschäftsfeld oder der Branche, in der sie vorher gearbeitet haben, nach dem Motto, da kenne ich mich aus. Das ist ein möglicher Ansatz, doch von einer Freelancer- oder Interimstätigkeit rate ich eher ab, denn dieser Weg führt nicht zum Glück, weil es oft nur das nächste Hamsterrad bedeutet.
Welche Probleme können bei der Gründung auftauchen?
Die meisten der Gründer, mit denen ich arbeite, waren in den letzten Jahren nicht mehr im operativen Bereich tätig und haben Probleme mit einer klaren Positionierung und der Vermarktung. Das fängt beispielsweise mit der konkreten Definition der Zielgruppe an und hört mit einfachem Online-Marketing auf. Doch ohne Positionierung ist die Gründung zum Scheitern verurteilt. Die Fragen müssen lauten: Was genau ist meine Expertise? Was unterscheidet mich von anderen? Was biete ich konkret an und wozu sage ich auch unter Umständen „Nein“, weil es nicht meine Spezialität ist. Diese Selbstreflektion haben jedoch die allerwenigsten.
Welche Charaktereigenschaften sind notwendig?
Es gibt auch bei gestandenen Führungskräften und Unternehmern Ängste und Zweifel, die sie lähmen. Deshalb ist aus meiner Sicht das Wichtigste für einen Gründer, Selbstverantwortung zu übernehmen. Natürlich sollte sich die Person bei der Gründung unterstützen lassen, aber sie muss sich klar darüber sein, dass nur sie es in der Hand hat, ob die Gründung zu einem Erfolg wird. Ich kann auch nicht erwarten, dass ein Personal-Trainer für mich aufs Laufband geht, wenn ich abnehmen will. Der Gründer muss die notwendigen Schritte also selbst gehen. Das hat viel mit self leadership zu tun. Diese Eigenschaft ist jedoch überraschenderweise bei vielen Führungskräften und Unternehmern kaum vorhanden, weil sie sonst vieles delegieren können. Viele kommen zu mir und sagen, ich will nochmal etwas anderes machen. Diese Haltung ist das A&O. Der Drang, etwas Neues machen zu wollen, muss vorhanden sein. Man muss brennen. Sonst wird es nicht funktionieren mit der Gründung.
Warum lohnt es sich denn insgesamt, den Neustart zu wagen?
Was ich beobachte ist: Die Neu-Gründer erleben eine unheimliche Freiheit. Das ist so ein fantastisches Gefühl, gerade wann man lange mit so vielen beruflichen Zwängen gelebt hat. Auf einmal fallen die Scheuklappen ab, und man erkennt, dass es noch so viele Möglichkeiten gibt. Alles ist wieder möglich. Eine Kundin hat mir mal gesagt: Ich kann jetzt so viele verschiedene Facetten von mir nutzen. Das ist sehr erfüllend und macht Spaß. Die Gründer haben sich im Laufe ihres Lebens einen riesigen Werkzeugkoffer angeeignet, aus dem sie sich jetzt bedienen und die verschiedensten Tools nutzen können. Ich glaube, es ist vor allem dieser Facettenreichtum, den diese Gründer nicht mehr missen möchten.
Copyright Foto Sabine Votteler: Manuela Engelking
Hintergrundbeitrag zum Thema.
Motiviert, finanziell unabhängig und vor allem sehr erfahren: Immer mehr Unternehmen hierzulande werden von Frauen und Männern gegründet, die jenseits der 50 sind. Dazu gehören zusehends auch gestandene Manager und Führungskräfte.
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